Freudige Ereignisse für Biebertal

Zu Besuch beim neuen Orthopädieschuhmachermeister*)

Ehemals Da Toni, ehemals Künkel: In diesen Räumen tut sich was. Und bald ist Neu-Eröffnung

Am 8. Mai widmete mir Sebastian Quack ein wenig seiner derzeit knapp bemessenen Zeit. Im Erdgeschoss in der Gießener Straße 14 wird schwer renoviert, damit der neue Orthopädieschuhmacher noch im Juni Eröffnung feiern kann. Das ist in mehrfacher Hinsicht erfreulich: Eine Belebung der heimischen Wirtschaft, Ende eines Leerstandes und – wie eine junge Mutter spontan äußerte “ da kann ich meine Kinder alleine hinschicken“.

Sebastian Quack

Sebastian Quack, 33 Jahre jung und Meister für das Orthopädieschuhmacher-Handwerk. Er hat früher schon mal in Rodheim und Fellingshausen gewohnt, will auch in absehbarer Zeit wieder nach Biebertal ziehen.
„Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?“ fragte ich ihn. „Nun, das geschah auf Umwegen. Ich war am Ende meiner Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker, als ich einen schweren Motorradunfall hatte. Um meinen kaputten Fuß wieder vernünftig belasten zu können, brauchte ich die Hilfe eines Orthopädieschuhmachers. Das hat mich überzeugt. Aber ich beendete erst noch meine Lehre. Auf diese Weise verkürzte sich die Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher von 3,5 auf 2,5 Jahre“.

Welche Leistungen wird er denn anbieten? Das zeigt das unten eingeblendete Plakat.

Sebastian Quack will sich erstmal nicht besonders spezialisieren. Dazu gehört auch, dass er zum Beispiel normale Schuhe zur Reparatur annehmen wird. Aber am Herzen liegt ihm die Fertigung sensomotorischer Einlagen.
Bei sensomotorischen Einlagen wird das Relief auf der Oberfläche der Masseinlage so gestaltet dass die Fuss- und Beinmuskeln über neurophysiologische Reize direkt angesteuert werden. In Reaktion darauf richtet der Muskel aktiv den Fuss auf bzw. korrigiert krankmachende Bewegungsmuster. Diese physiologisch korrekten Bewegungsmuster werden nach einiger Zeit gelernt und in den Bewegungsablauf automatisch übernommen. Sensomotorische Einlagen

Was hier fast ein wenig an „Nahtoderfahrung“ erinnert (linkes Foto), ist der zukünftige Laufgang. Die Kunden sollen diesen Gang entlanggehen oder laufen (natürlich dann mit Licht). Das wird per Video gefilmt. An Hand des Bewegungsablaufes kann der Meister die Störungen erkennen und die Einlagen oder andere Hilfsmittel so fertigen, dass die Störung verringert wird. Ganz besonders wichtig ist das für Kinder, die sich ja noch im Wachstum befinden. Dieses Angebot ist keine „Standardorthopädie“.
Das Foto in der Mitte zeigt den ehemaligen Eingangsbereich der Bäckerei Künkel. Hier wird später der Empfangsbereich mit Tresen der Werkstatt sein. Und rechts kann man einige Großmaschinen erkennen, die Sebastian Quack bei einem Kollegen kaufte, der seinen Betrieb aufgegeben hat. Ich hatte nicht geglaubt, dass in diesem Beruf so große Maschinen erforderlich sind.

Die Kunden-Gewinnung erfolgt über bereits bestehende Kontakte zu Biebertaler Ärzten, Podologen und Fußpflegern. Und natürlich durch Mundpropaganda.

Wenn Sie durch die Gießener Straße in Rodheim kommen, können Sie das Voranschreiten der Renovierung beobachten. Das Eröffnungsdatum werden wir im Bilderbogen veröffentlichen.

Für alle, die nicht so gut zu Fuß sind: An der Seite des Hauses werden 4 Kundenparkplätze zur Verfügung gestellt.

Fotos Eveline Renell, Plakat S. Quack

Liebe Spielernaturen, das ist doch eine tolle Wortvorlage fürs „Galgenmännchen“ wikipedia Galgenmännchen

Ein Mann für alle Schuh – Fälle

ist Schuhmachermeister Klaus Schäfer in seinem Wetzlarer Geschäft

Normalerweise gebe ich meine kaputten Schuhe bei Kerstin Waldschmidt in Fellingshausen in der Rodheimer Straße 39 ab. Aber ein Fall wie die abgebildeten Arbeitsschuhe, da musste ich zum Meister persönlich. Meine Arbeitssicherheitsschuhe, seit mehr als 25 Jahren, sehr bequem und warm. Um es kurz zu machen: Klaus Schäfer hat mich nicht rausgeschmissen, er hätte die Schuhe repariert, riet mir in diesem Falle allerdings dazu, neue Schuhe zu kaufen.

Kerstin Waldschmidt vor ihrem Haus
Sie haben ein Vierteljahrhundert gute Dienste geleistet

Und als ich fast schon draußen war, dachte ich, das ist doch wieder ein Fall für „Regional in Biebertal“. Also habe ich Herrn Schäfer einige Fragen gemailt und erhielt ausführliche, freundliche Antworten darauf.

Wie kam es zur Einrichtung einer Schuh-Annahmestelle in Fellingshausen?
Meine langjährige Freundschaft zu einer Einwohnerin in Fellingshausen war die Grundlage für dieses Angebot. Wir kommen gebürtig aus Erda, wo es bei meiner Mutter im Auweg 11 auch noch eine Annahmestelle gibt. Wir freuen uns beide über den Zuspruch der Bevölkerung.

Seit wann gibt es Ihre Werkstatt? 
Unsere Werkstatt gibt es seit 1958. Übernommen habe ich diese Werkstatt von meinem Ausbilder und Vater Rudi Schäfer.

Warum sind Sie Schuhmacher geworden?
Eigentlich wollte ich zur Bundeswehr und kein Schuhmacher werden. Mindestalter für die BW war damals 18 Jahre, Lehrstellen waren knapp. Um die Zeit nach der Schule bis zur Bundeswehr zu überbrücken, da habe ich halt einfach mal diese Lehre gemacht.

Im Volksmund spricht man oft von Schuster, sogar leicht abfällig. Sie sind aber ein richtiger Schuhmachermeister.
Der Begriff Schuster war früher mit mehr Anerkennung verbunden, Menschen, die in der Lage waren Dinge zu erhalten, die damals von hohem Wert waren, erhielten Anerkennung.
Dann gab es Schuhmacher, und es gab Schuster. Die einen hatten ihr Talent weiterentwickelt, die anderen eben nicht. Als gelernter Schuhmacher ist man nach wie vor in der Lage, ganz neue Schuhe zu bauen. Die Mode mit all dem Kunststoffen, die billige Produktion im Ausland, hat das Bild des Schuhmachers verblassen lassen. Alles hat seine Zeit.

Fertigen Sie auch neue Schuhe an?
Wir bauen keine Schuhe mehr, der Preis ist zu hoch für handgefertigte Unikate. Die Kunden für diese Wünsche sind vielleicht in Großstädten zu finden, hier lohnt sich dieser Arbeitsbereich nicht.

Schuhmodell mit Leisten, etwa 12cm lang
ein Geschenk, über das sich jeder Schuhmacher freut

Gute Tipps vom Fachmann

Es ist sehr schade, dass es kaum noch Werkstätten und Schuhmacher gibt, bei denen man die kaputten Schuhe reparieren kann. Also bleibt nur noch das Wegwerfen? Das ist aber überhaupt nicht umweltfreundlich.! Vielleicht haben ja Schülerinnen und Schüler, die demnächst den Hauptschulabschluss machen, Lust, dieses alte Handwerk zu lernen – in dem natürlich auch mit neuen Techniken gearbeitet wird. Mehr dazu im folgenden Beitrag, voraussichtlich am 1. Juli.

Dieser Beitrag wird fortgesetzt mit dem Schwerpunkt auf der Ausbildung zum Schuhmacher